Inklusives Design & Barrierefreiheit

Digitale Barrierefreiheit: Warum es sich lohnt, darauf zu achten

Die Antwort darauf ist einfach: Weil wirklich all deine User in der Lage sein sollte, deine Inhalte zu konsumieren.  Und wem das noch nicht als Antwort reicht: weil ein inklusives Webangebot für uns alle einen Mehrwert bietet. Barrierefreiheit wird häufig “nur” als Inklusionsmöglichkeit von Menschen mit langfristigen Behinderungen betrachtet.

Auch das eigentlich schon Grund genug für ein inklusives Webangebot sein sollte, reicht es häufig nicht aus. Der Aufwand und die Kosten scheinen sich mit dem Nutzen nicht vereinbaren zu lassen.

Dabei lassen sich die gängigen Vorurteile schnell widerlegen.

VORURTEIL 1

Es betrifft nur einen kleinen Bruchteil meiner User.

Das ist eindeutig falsch, und zwar aus mehreren Gründen. Um das zu verstehen muss erst einmal geklärt werden, wer von barrierefreien Angeboten überhaupt profitiert. Die Antwort: jeder Einzelne von uns wird im Laufe seines Lebens von Einschränkungen betroffen sein.

Das Inclusive Design Team von Microsoft erklärt uns warum: es gibt mehrere Arten von Einschränkungen: Beim Thema Barrierefreiheit denkt man häufig erst einmal an Behinderungen, die uns langfristig beeinträchtigen. Darunter zählen zum Beispiel auch Sehschwächen oder kognitive Einschränkungen.

Davon abgesehen kann jeder von uns aber auch temporär eingeschränkt sein. Ein entzündetes Auge heilt zwar nach einiger Zeit. Trotzdem kann uns ein Screenreader in diesem Zeitraum eine große Hilfe sein.

Zu guter letzt und ziemlich häufig können Einschränkungen auch situationsbedingt sein. Nehmen wir zum Beispiel Autofahrer, die ihren Weg nicht genau kennen. Auch in diesem Fall kann es schwierig sein, nur per Kartenansicht zu navigieren. Gesprochene Wegbeschreibungen machen den Blick aufs Navi im Grunde unnötig und helfen dabei, sicher ans Ziel zu kommen.

VORURTEIL 2

Die Umsetzung ist sehr aufwändig und kostet sehr viel

Eindeutig Jein. Natürlich gibt es einige Anforderungen, die einen Mehraufwand bedeuten. Aus konzeptioneller, gestalterischer und technischer Sicht lohnt es sich aber auf jeden Fall schon frühzeitig über eine barrierefreie Umsetzung zu sprechen. Ein netter Nebeneffekt: Je öfter wir das machen, desto einfacher wird die Umsetzung. Denn Übung macht den Meister.

Der Aufwand ein bestehendes Projekt im Nachhinein anzupassen ist weitaus höher, als die Anforderungen von vornherein mit einzuplanen.

VORURTEIL 3

Barrierefreies Design kann nicht schön sein.

Besonders Designer haben oft die Befürchtung, dass ihr Design unter den Accessibility-Anforderungen leidet. Dabei ist es unsere Aufgabe als Gestalter unter bestimmten Rahmenbedingungen ansprechende und funktionale Webprodukte zu gestalten.

Anstatt die Herausforderung zu vermeiden sollten wir sie lieber annehmen und beweisen, dass Webseiten sowohl schön als auch inklusiv sein können.

Und wo fängt man am Besten an?

Wenn man einmal mit den gängigen Vorurteilen aufgeräumt hat, liegt die größte Hürde im Start. Die Aufgabe scheint sehr groß und unübersichtlich zu sein. Anstatt sich im Detail bestimmter Anforderungen zu verlieren fangen wir deshalb klein an.

1. Wie ist der Stand der Dinge?

Ein guter Einstieg ist immer eine Bestandsaufnahme. Wie barrierefrei ist Deine Website aktuell? Um dir ein erstes Bild zu machen kannst du beispielsweise Google Lighthouse nutzen. Dafür nutzt du auf deiner Webseite den Inspect-Mode. Öffne deine Seite, Rechtsklick > Untersuchen. Im Tab “Lighthouse” kannst du einen Report erstellen lassen, der unter anderem auch Informationen zur “Accessibility” beinhaltet. Neben einem Wert von 0 (sehr schlecht) bis 100 (optimal) zeigt dir Lighthouse auch gleich, was du verbessern kannst.

2. Wer ist Deine Zielgruppe?

Gibt es Aspekte, die deine Zielgruppe besonders unterstützen würde? Ist Deine Zielgruppe eher älter, dann sollte der Fokus auf Wahrnehmbarkeit und einfacher Navigation liegen. Hast Du hauptsächlich Expats und Migranten auf deiner Seite, dann helfen Texte in einfacher Sprache bei der Vermittlung Deiner Informationen.


3. Was sind Deine Ziele?

Frag Dich zuerst, was Du eigentlich erreichen willst. Geht es mehr darum, grundsätzlich für mehr Barrierefreiheit in Deinem digitalen Angebot zu sorgen, oder bist Du dazu verpflichtet, bestimmte Anforderungen zu erfüllen?

Das Ziel sollte auf jeden Fall messbar sein und muss deshalb konkret formuliert werden, damit der Erfolg oder Misserfolg auch sinnvoll feststellbar ist. Ziele könnten z.B. sein:

  • Wir wollen einen Mindestwert von 90 im Accessibility-Report von Lighthouse erreichen.
  • Wir müssen die Vorgaben des BITV 2.0 (Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung) erfüllen und das Konformitätslevel AA der WCAG erreichen)


4. Eine ToDo Liste erstellen

Wir wissen, dass die Verordnungen und Gesetze auf den ersten Blick etwas undurchsichtig wirken. Am Ende geht es aber einfach darum eine Checkliste abzuarbeiten. Wir können also je nach Ziel konkrete Aufgaben definieren, die wir abarbeiten müssen.


5. Standards definieren und Anleitung bieten

Sobald wir die Grundlagen geschaffen haben und unsere Ziele erreicht haben, geht es darum, den Stand auch zu halten. Da die Punkte im WCAG nicht nur die Entwicklung der Seite betreffen, müssen alle die inhaltlich Änderungen vornehmen auch wissen, was zu beachten ist. Deshalb ist es wichtig, dass z.B. auch Redakteure wissen, wie man beispielsweise Alt-Texte an Bildern richtig pflegt, und wie die korrekte Schrifthierarchie assistive Technologien beim “Lesen” der Webseite unterstützt.

Eine lohnenswerte Herausforderung für alle

Die gute Nachricht ist, dass wir nicht alle Punkte der Checkliste von heute auf morgen erfüllt haben müssen. Anstatt aus Überforderung gar nicht erst anzufangen, können wir unsere digitalen Angebote nach und nach barrierefreier gestalten. Lasst die Herausforderung annehmen und die digitale Welt für alle zugänglich machen.

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